Mitten im Rekrutierungsprozess – und plötzlich: Stille. Ein vielversprechender Kandidat verschwindet spurlos – keine Antworten auf E-Mails, kein Erscheinen zum Vorstellungsgespräch und am ersten Arbeitstag fehlt jede Spur von ihm. Früher war es oft die Regel, dass sich Arbeitgeber bei Bewerbern nicht zurückmeldeten. Doch jetzt kehrt sich das Blatt: Immer öfter sind es Bewerber, die Unternehmen im Dunkeln stehen lassen. Doch was genau veranlasst Bewerber zu diesem sogenannten Job Ghosting? Welche Auswirkungen hat dies und wie können Unternehmen diesem Problem effektiv entgegenwirken?
Job Ghosting: Definition
Der Begriff „Ghosting“ leitet sich aus dem Dating-Bereich ab und bezieht sich auf den plötzlichen und unerklärten Kontaktabbruch. Übertragen auf den Arbeitsmarkt bedeutet Job Ghosting, dass ein Bewerber während des Bewerbungsprozesses ohne Ankündigung und Erklärung den Kontakt abbricht. Während dies in den USA bereits ein bekanntes Phänomen ist, zeigt sich dieser Trend auch immer mehr auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Für Unternehmen kann dies ein erhebliches Problem darstellen.
Die häufigsten Ursachen
Die Hauptgründe für diese Art des Kontaktabbruchs sind vielfältig:
1. Bessere Jobangebote: Wer sich bewirbt, ist oft parallel bei mehreren Arbeitgebern im Gespräch. Ein besseres Angebot von einem anderen Unternehmen kann dazu führen, dass Kandidaten den Kontakt zu vorherigen potenziellen Arbeitgebern ohne weitere Kommunikation beenden.
2. Veränderter Eindruck vom Arbeitgeber: Ein fehlender Cultural Fit oder ein negativer Eindruck während des Bewerbungsverfahrens können Bewerber abschrecken. Besonders während Vorstellungsgesprächen kann der erste Eindruck eines Unternehmens kippen. Ist die Erfahrung nicht positiv, sehen viele Bewerber von einer weiteren Kommunikation ab.
3. Langwierige und undurchsichtige Bewerbungsverfahren: Viele Kandidaten sind frustriert über umständliche Bewerbungsprozesse. Unternehmen, die schnelle und transparente Prozesse bieten, werden von Bewerbern positiv wahrgenommen und haben eine geringere Ghosting-Rate.
4. Videointerviews und ihre Auswirkungen: Seit der Coronapandemie sind Videointerviews immer gängiger geworden. Diese erleichtern zwar den Prozess für Unternehmen und Interessenten, können jedoch auch zu einer gewissen Distanz und Unverbindlichkeit führen. Das leichtere Absagen oder Nicht-Erscheinen zu virtuellen Bewerbungsgesprächen ist ein Ergebnis dieser Entwicklung.
Welche Auswirkungen hat Job Ghosting?
Für Bewerber kann es kurzfristig von Vorteil sein, aber auf lange Sicht könnte es ihren Ruf beeinträchtigen, besonders wenn sie sich erneut bei demselben Unternehmen bewerben möchten. Für Unternehmen kann Job Ghosting allerdings zu weitaus langfristigeren Problemen führen – von Verzögerungen im Rekrutierungsprozess, personellen Engpässen und höheren Kosten durch die erneute Suche nach Kandidaten.
Durch die wachsende Prävalenz des Problems verschärft sich die Situation weiter. Eines ist klar: Das Ghosting von Bewerbern zieht erhebliche Kosten für den Arbeitgeber nach sich.
1. Höherer Ressourceneinsatz im Rekrutierungsprozess
Je weiter der Bewerbungsprozess fortschreitet, desto größer wird der Aufwand für das Unternehmen. Die Gefahr, von Kandidaten „geghostet“ zu werden, besteht jedoch während des gesamten Prozesses – von der ersten Kontaktaufnahme bis hinein in die Probezeit. Insbesondere zum Zeitpunkt des ersten Arbeitstages werden die höchsten Kosten verursacht, da hier bereits die meisten Ressourcen investiert wurden. Hierzu gehören Kosten für:
- Anwerbung (z.B. Stellenausschreibungen auf Jobportalen)
- Auswahl (z.B. Bewerbungsgespräche)
- Einstellung (z.B. Vertragsausarbeitung)
- Einarbeitung (z.B. Zugangseinrichtungen)
2. Höhere Belastung für das Team
Je länger eine Stelle unbesetzt bleibt, desto größer wird die Belastung für das bestehende Team. Diese müssen die Aufgaben der vakanten Stelle übernehmen, was nicht nur ihre eigene Produktivität, sondern auch die des gesamten Unternehmens beeinträchtigen kann. Zusätzlich steigt das Risiko psychischer Belastungen für die Mitarbeitenden, was zu ernsthaften Folgen wie Burnout oder erhöhter Fluktuation führen kann.
3. Negativer Imagebeitrag
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Unternehmensimage. Wenn Bewerber den Kontakt abbrechen, liegt oft eine negative Erfahrung im Bewerbungsprozess zugrunde. Solche negativen Erfahrungen verbreiten sich schnell, sei es auf Arbeitgeberbewertungsplattformen oder im persönlichen Netzwerk der Kandidaten. Ein beschädigtes Arbeitgeberimage kann die Bewerberquote und -qualität erheblich beeinträchtigen und es erfordert viel Mühe, diesen Schaden wieder zu beheben.
Wie können Unternehmen Job Ghosting vermeiden?
Hier sind sechs effektive Maßnahmen:
- Transparenter Bewerbungsprozess: Klare Kommunikation darüber, wie und wann Entscheidungen getroffen werden.
- Beschleunigter Bewerbungsprozess: Verkürzen Sie die Zeitspanne zwischen Interviews und Entscheidungsfindung.
- Status-Updates: Halten Sie Kandidaten über den Fortschritt ihrer Bewerbung auf dem Laufenden.
- Vereinfachter Bewerbungsprozess: Nutzen Sie moderne Technologien wie Online-Formulare und Video-Interviews.
- Informationsmanagement: Bieten Sie klare Informationen über die Position und Unternehmenskultur.
- Employer Branding: Investieren Sie in eine starke Arbeitgebermarke und bieten Sie attraktive Arbeitsbedingungen.
Schlussendlich ist es wichtig, dass Unternehmen den Bewerbungsprozess aus der Perspektive der Bewerber betrachten und verstehen, was sie motiviert und abschreckt. Durch Verständnis und Anpassung kann das Phänomen des Job Ghosting reduziert werden.
Fazit: Job Ghosting durch effizientes Recruiting verhindern
Laut Expertenmeinungen, wie die von Verhoeven von Indeed, müssen Unternehmen unbedingt auf die veränderten Umstände reagieren, um nicht weiterhin negative Ghosting-Erlebnisse zu sammeln.
„Eine schnelle Anpassung im Recruiting-Prozess kann hier Abhilfe schaffen“ – Verhoeven.
Ein Einblick in aktuelle Studien zeigt, dass effektive Methoden gegen das Ghosting-Phänomen existieren. Besonders hervorzuheben ist hier die Bedeutung von zeitnahen Rückmeldungen: 37 Prozent der Befragten betonen die Wichtigkeit schneller Rückmeldungen nach einem Vorstellungsgespräch, während 36 Prozent die rasche Antwort nach Eingang einer Bewerbung schätzen.
Unternehmen, die ihre Recruiting-Strategien anpassen und beschleunigen, können somit das Risiko von Ghosting minimieren und eine stärkere Bindung zu potenziellen Kandidaten aufbauen.
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